Hannes Brachat
Journalistisches Werden

1948
Der Ursprung meiner Wurzeln liegt in Gottmadingen, Landkreis Konstanz. Dort wurde ich an Weihnachten 1948 geboren. Also, nicht im „Krankenhaus“, sondern im „gesunden Elternhaus
Mein Vater, Leo Brachat, war ursprünglich in Gottmadingen als Ingenieur bei der Landmaschinenfabrik Fahr tätig. Dort arbeiteten in deren Blütezeit in den 60-er Jahren noch 3.500 Menschen. Heute keiner mehr. Die hohe Arbeitslosigkeit von 7 Millionen Menschen in Jahren 1929 ff. führte meinen betroffenen Vater 1932 in die Selbständigkeit. Das ist gleichzusetzen mit lebenslang „selbst“ und „ständig“ zu arbeiten. Die Spezies: Landmaschinenhandel. Diesen Betrieb erweiterte er 1964 um eine VW-Vertragswerkstätte. Ich bin mit fünf Geschwistern aufgewachsen. Unser Vater hielt uns schon recht früh zur aktiven betrieblichen Mitarbeit an. Unsere Bilderbuchmutter Klara war über ihre vielseitigen Begabungen und ihr vielseitiges Engagement unser aller Leuchtturm. Hätte ich heute einen Wunsch frei, ich würde mir ihr „Gottvertrauen“ wünschen. Wahrlich, ein Vorbild! Ich durfte auch über meine Geschwister Tag für Tag dankbar erfahren, worin die Seele eines mittelständischen Familienbetriebes liegt. Kein gemeinsames Essen am großen Familientisch, an dem es nicht spezielle Betriebsaufgaben zu besprechen gab. Ich darf wirklich behaupten, sämtliche Arbeiten in einem Autohaus selbst praktisch er-fahren zu haben. Vom Neuwagen-Entkonservieren, den normalen „Käfer-Inspektionsarbeiten“, dem Einsortieren der Monatsbestellung im Teilelager. Die Nummer der VW-Ventildeckeldichtung 34 PS-Käfermotor könnte ich heute noch aufsagen. Wechsel und Schecks ausstellen, Neu- und Gebrauchtfahrzeuge verkaufen, bei Präsentationen mit zu helfen etc.
Es gibt ja in jedem Autohaus wie im wahren Leben solche und solche Kunden. Wurde es gelegentlich zu viel des Guten, meinte Vater Leo: „Denkt immer daran, wir alle leben von unseren Kunden!“ Ich hatte also einen Vater, der seinen Kunden immer geholfen hat und zur Verfügung stand, auch nachts oder auch am Wochenende. Er war immer da. Ein Service-Vorbild!
Ich habe damit bereits in jungen Jahren erfahren was es heißt, den Alltag in einem Autohaus zu gestalten, welche Anstrengungen Tag für Tag notwendig sind, um solide Geld zu verdienen. Und das ist für mich bis heute bei allen Branchenaktionen immer wieder die zentrale Frage: Wie wird mit dem Geld, das die Automobilunternehmer Tag für Tag mit größtem Engagement erwirtschaften müssen, umgegangen? Seitens der Hersteller, Importeure, den Verbänden, den Organisationen mit Pflichtmitgliedschaft bis hin zu fiskalischen Betrachtungen und Belastungen. Von der Bürokratie ganz zu schweigen. Da meine älteren Geschwister betrieblich eingebunden waren, sollte mein beruflicher Weg anders aussehen.
1968
„baute“ ich am Wirtschaftsgymnasium in Singen/ Htwl. mein Abitur.
1968 – 1970
Wehrdienst in Dillingen/Donau – Veitshöchheim/Würzburg
In Dillingen/Donau und Veitshöchheim (Würzburg) leistete ich meinen 18-monatigen Wehrdienst ab. Ich hatte das große Glück, als Mannschaftssprecher auf allen Stationen der Armee auf glaubwürdige Vorgesetzte zu treffen und verließ die Bundeswehr als Leutnant der Reserve. Gert Bastian war damals in Veitshöchheim als General Divisions-Kommandeur. Jeder weiß um das tragische Finale, das er später mit seiner großen Liebe, Petra Kelly, als „Grüner“ setzte. Allice Schwarzer und Antje Vollmer haben das literarisch einmalig nachgezeichnet. Welche Lebenswandlungen das Schicksal für Menschen vorsieht!
Über Veitshöchheim lernte ich die unterfränkische Hauptstadt „Würzburg“ kennen. Das war Liebe auf den ersten Blick. Sie ist es bis heute geblieben. Würzburg wurde meine Studienstadt.
1970 – 1975
Studium der Betriebswirtschaft an der Julius-Maximilian-Universität Würzburg
Später konnte ich zahlreiche Automobilhändler, Töchter und Söhne immer wieder von der Einmaligkeit dieser „Julius-Echter- und Riemenschneider Stadt“ begeistern.
Meine zweite innere Hälfte gehört der Musik. Über das Klavierspiel kam ich schon früh zur besonderen Welt der Orgel. Mozart sagt aus gutem Grunde: „Die Orgel ist die Königin der Instrumente“. Würzburg lag 1945 in Schutt und Asche. Der Würzburger Dom erhielt 1969 eine neue Domorgel. Welches Glück! Das Improvisationsgenie, der Würzburger Domorganist Paul Damjakob nahm mich 1971 als seinen Schüler an. Die Würzburger Domorgel war damals die größte Orgel, die in der Nachkriegszeit gebaut wurde. Und diese Welt führte dazu, dass ich mich als Erz-Adlatus des Domorganisten studienmäßig meinem Hobby widmen durfte.
1975 – 1978
Studium der Kirchenmusik in Würzburg und Rottenburg/Tübingen
Meine Eltern machten mir dieses große Geschenk möglich! Ich wollte in Folge beruflich immer Wirtschaft und Musik kombinieren. Musikinstrumentenfabrik, Musikverlagswesen, das Management eines Orchesters u.a. waren meine Vorstellung. Es sollte alles ganz anders – wie so oft im Leben – kommen. Ich freue mich aber immer wieder, wenn mich Automobilhändlerinnern und Händler auf unsere gemeinsamen Domorgelerlebnisse, auch des Nachts ansprechen. Gläubige, wie Ungläubige!

Über meine Diplomarbeit, Deckungsbeitragsrechnung im Autohaus, die dann durch Chefredakteur Rolf Kattge im „Kfz-Betrieb“ veröffentlicht wurde, kam ich in Wahrheit zum Journalismus. Mein erstes Fachbuch „Wirtschaftliche Werkstattführung im Kfz-Betrieb“ entstand im Vogel-Verlag Würzburg. Und so erfolgte der „Ruf“ zum ersten Seminar bei der „Kfz-Akademie“ in Bonn, einer Abteilung im ZDK.
1978 – 1983
Kfz-Akademie Bonn
Über die Seminare, Buch und Fachbeiträge erhielt ich 1983 von AUTOHAUS die Offerte, dort als Chefredakteur einzusteigen. Nach dem Motto: „Frisch gewagt ist halb gewonnen!“, habe ich dieses Angebot angenommen, auch wenn ich journalistisch nicht auf die heute übliche journalistische Ausbildung zurückblicken konnte.

01.04.1984 Chefredakteur AUTOHAUS
Mit der Einstellung bei AUTOHAUS war die Erstellung einer Chronik „75-Jahre ZDK“, die „Geschichte des Kfz-Gewerbes“ verbunden. 1983 war noch keine Grenzöffnung in Sicht. Da gab es noch kein Internet. Woher Unterlagen aus dem Gründungsjahr 1909 besorgen? Oh je! Das war mühsames wie staubiges Quellenstudium u.a. in Berlin. Das Fachmagazin AUTOHAUS erschien erstmals 1957. Jeder Jahresband galt es nun durchzugehen. Ohne Frage habe ich dadurch gerade für die Nachkriegszeit wichtige Zusammenhänge erfahren. Also, Ärmel hoch und ran!
Wir stellten für die Hefterstellung ab 1985 von Bleisatz auf Computer um. Sie müssen sich die Pranken der Setzer vorstellen, die den Bleisatz beherrschten und nun auf die sensible Computertastatur umlernen mussten. Die trafen mit einem Finger gleich drei Buchstabentastaturen. Die Bilder im Magazin waren damals alle „schwarz-weiß“. Farbdruck, 4c, war viel zu teuer. Ich darf an dieser Stelle meinem Vorgänger, Chefredakteur Dietrich W. Pütz danken, der mich mit ganz großem Wohlwollen Zug um Zug in meine neue Aufgabe eingeführt hat. Ebenso unserem großartigen Anzeigenleiter und späteren Geschäftsführer Walter A. Nowak. Unvergessen!
1984
initiierte ich das Ansinnen, wissenschaftliche Arbeiten für das Autohaus-Management zu erstellen. Daraus entwickelte sich mit besonderer Unterstützung von Dr. Günter Eidenmüller und ZDK-Präsident Fritz Haberl, Veedol, ZDK und der Nürnberger Versicherung 1989 die erste Automobilwirtschaftsprofessur an einer deutschen Universität. Hier Bamberg. Eine Stiftungsprofessur des Kfz-Gewerbes! Es sollte 1992 eine weitere Professur mit Prof. Dr. Willi Diez an der Fachhochschule in Geislingen folgen. In Geislingen erhielt ich von Beginn an einen Lehrauftrag.
1992
Lehrauftrag an der Fachhochschule Geislingen, heute Hochschule für Wirtschaft und Umwelt
1987
stiegen wir bei AUTOHAUS in das Seminar- und Kongressgeschäft ein. Daraus sollten sich für mich zwei zentrale Veranstaltungen im Jahreskreis entwickeln, die AUTOHAUS-Perspektiv-Serie zu Beginn des Jahres sowie die AUTOHAUS-Sommerakademie, die ich seit über zwanzig Jahren inhaltlich wie als Co-Referent gestalte. Besondere Glanzpunkte erlebte die AUTOHAUS-Akademie mit der Grenzöffnung 1989. Da führten wir beispielsweise in der alten Leipziger Messehalle Tagesveranstaltungen mit 650 Teilnehmer durch.

Ab 1989
systematisierten wir in AUTOHAUS unseren Buch-Verlag und können bis heute auf das größte automobile betriebswirtschaftliche Buchspektrum im deutschsprachigen Raum verweisen.

Januar 1994
Herausgeber AUTOHAUS
AUTOHAUS-Verleger Herbert Bartsch trug mir zu diesem Datum seine Nachfolge als Herausgeber von AUTOHAUS an. Er blieb weiterhin alleiniger Eigentümer, aber entlastete sich aufgrund seiner anderen unternehmerischen Tätigkeiten von der Aufgabe des Herausgebers. Er hat mir damit sein Vertrauen für die verlegerische Zukunft von AUTOHAUS übertragen. Ja, darüber habe ich mich nach den ersten zehn Jahren bei AUTOHAUS sehr gefreut. Damit war nun die offizielle Repräsentation des Verlages nach außen verbunden, ebenso die inhaltliche und politische Ausrichtung des Magazins.
1994
initiierte ich zusammen mit Schwacke-Verleger Helmuth H. Lederer den DSI, den Dealer-Satisfaction-Index, der erstmals von Prof. Dr. Wolfgang Meinig in Bamberg erstellt wurde. Ab 1998 verlagerten wir die Ausgabe unter dem neuen Label „Markenmonitor“ zum Institut für Automobilwirtschaft bei Prof. Dr. Willi Diez.
1998
AUTOHAUS-Online-Newsletter und „HB ohne Filter“
AUTOHAUS war 1998 der erste Verlag, der für die Automobilwirtschaft über Online einen Tages-Newsletter einführte und bis heute auf dieser Schiene obenan fährt. Es waren meine Redaktionskollegen Chefredakteur Ralph Meunzel und unser hochgeschätzter Chef vom Dienst, Dieter Radl, die mir in einer Kreativphase unseres Onlinevorhabens den „HB o.F.“, den „Hannes Brachat ohne Filter“ als Wochenendkommentar aufs Auge drückten. Seither stehe ich da Woche für Woche in der Verantwortung. In den Blogs kommt da gelegentlich die Aufforderung hoch, ich möge meine Schreiberlinge zu mehr Schärfe anregen. Ich möchte festhalten, dass ich im „HB o.F.“ bis heute jeden Satz selber geschrieben habe. Gewiss, der Inhalt beruht auch oftmals aus zahlreichen vertraulichen Kontakten, über die ich in der Branche verfüge. Da kann und darf ich oftmals keine Quelle nennen. Sensationslust ist nicht meine Welt. Ich möchte aber auf anständige Art und Weise Realitäten darstellen. Nur über eine offene Darstellung bilden sich in Folge neue Gleichgewichte. Und darum geht es doch, um die Balance! Freiheit verschafft diese Möglichkeit.
2001
Erster Automobilpolitischer Aschermittwoch in Kötzting
2000
entwickelten Hebebühnenhersteller Johannes Herrmann und ich in Cham die bayerische Idee für einen „Automobilpolitischen Aschermittwoch“. Er findet alle zwei Jahre – inzwischen in Abensberg unter der Obhut der Kfz-Innung Regensburg-Kelheim – statt. Es ist mir immer besondere Freude, wenigstens einmal alle zwei Jahre meine „Ehrenmitgliedschaft im Verein für deutliche Aussprache“ zu rechtfertigen.

2002
Professur für Automobilwirtschaft an der Hochschule Geislingen
Helmuth H. Lederer stellte 2001 der Hochschule die Mittel für eine Stiftungsprofessur an der Hochschule in Geislingen für fünf Jahre zur Verfügung. Ich erhielt dazu über die offizielle Ausschreibung die Berufung. 2007 stellte die Santander-Bank unter dem Vorstandsvorsitzenden Andreas Finkenberg die Mittel für weitere sechs Jahre zur Verfügung. Der geistige Austausch in den Vorlesungen, Vorträgen von namhaften Managern der Branche, Projekten, Studien oder Bachelor- und Masterarbeiten mit den Studentinnen und Studenten ist das eine, die Erkenntnisse daraus für die Leser von AUTOHAUS das andere. Das ist eine einmalige Verbindung, die es nur bei AUTOHAUS gibt. Ich möchte aber festhalten, dass das Hochschulwirken vor allem durch die aktive Unterstützung von AUTOHAUS-Chefredakteur Ralph Meunzel möglich war und ist. Er hielt mir für die zwei Tage pro Woche im Verlag „den Rücken“ frei. Und nur so stand das Ganze im Interesse des Verlages und war praktisch überhaupt darstellbar.

2011
Übergabe der Erstverantwortung von AUTOHAUS an Ralph Meunzel
2013
Wem die Stunde schlägt! 2013 bin ich nun 30 Jahre bei AUTOHAUS. Ich habe für heutige Verhältnisse sehr lange den „Karren“ gezogen. Sehr gerne gezogen! Ich möchte weiter in der Branchenszenerie dabei bleiben, aber in reduziertem Maße. Und das ist journalistisch möglich. AUTOHAUS-Chefredakteur und Verlagsleiter Ralph Meunzel trägt nun seit 1. Juli 2011 die erste Verantwortung. Wir arbeiten seit über 20 Jahren vertrauensvoll und wirkungsvoll zusammen. Und so soll es bleiben. Ich übe mich nun in der Anpassung, im Loslassen. Ich danke allen Leserinnen und Leser für die vielfältigen Begegnungen, für das Vertrauen, für die Möglichkeit der Berichterstattung in AUTOHAUS. Ja, da hat es viele unvergessliche Erlebnisse dabei. Ich danke all unseren AUTOHAUS-Kunden wie unserem Verlag für das große Geschenk, dass ich in meinem Leben etwas arbeiten durfte, wozu ich mich nie zwingen musste. Das ist der wahre „Luxus“ im Leben! Wenn ich in 30 Jahren Berufsleben vier Wochen krankheitsbedingt gefehlt habe, dann ist das ein wunderbarer Beweis für das, was man als Lebenswerk gewählt hat: AUTOHAUS und seine großartige Branche namens Autohandel! Dank an alle, vor allem die Automobilhändler, die mir das ermöglicht haben.


Lassen Sie mich nachstehend einige wichtige Branchentrabanten aufzeigen, denen ich in der Branche über all die Jahre ganz besonderen Dank sagen möchte. Das kann hier über einen Zeitraum von 30 Jahren nur eine Auswahl sein. Sie kommt aber aus ganzem Herzen und soll all jene einbeziehen, die ich aus Versehen nicht berücksichtigt habe.